Warum SPD und FDP ein Gewerbegebiet in Oberschleißheim wollen?

von Bürgermeisterkandidat Florian Spirkl (SPD) und Gemeinderat Dr. Casimir Katz (FDP)

Soll die Gemeinde Oberschleißheim zusammen mit dem Freistaat Bayern einen Standort für ein weiteres Gewerbegebiet im Flächenbestand des Lehr- und Versuchsgutes der Ludwig-Maximilian-Universität östlich der BAB A 92 suchen und diesen dann baurechtlich zu einer hochwertigen Gewerbeansiedlung entwickeln? Ausführliche Fragen und Antworten der Antragssteller.

1. Worum geht es überhaupt?
Die Gemeinde Oberschleißheim hat jetzt eine Zielvereinbarung mit dem Freistaat Bayern getroffen, nach der Flächen aus dem Bestand des Freistaats als Gewerbegebiet entwickelt werden sollen. Das ist eine historische Chance, denn der Freistaat trennt sich sonst nicht gern von Flächen! Als erstes sollte nun im Sinne einer frühen Bürgerbeteiligung geklärt werden, ob die Bevölkerung diese Vereinbarung unterstützt und weitere Schritte unternommen werden sollen. Da noch keine Planung vorliegt, die Begründung des Ratsbegehrens nicht alle Fragen beantworten kann, werden einige wichtige Aspekte im Folgenden ausführlicher beleuchtet.

2. Warum brauchen wir überhaupt ein neues Gewerbegebiet?
Die Gemeinde muss verschiedene öffentliche Aufgaben wahrnehmen und finanzieren. Die Mittel dazu erhält sie aus einer Umlage auf die Einkommenssteuer, der Gewerbesteuer und der Grundsteuer. Die Gemeinde Oberschleißheim hat stark schwankende, eher niedrige Gewerbesteuereinnahmen (Haushaltsansatz  ca. 3 Mio €, derzeit etwas über 5 Mio €). Bezogen auf die Nachbargemeinden Unterschleißheim (aktuell 58 Mio €), Garching (aktuell 18.4 Mio), Ismaning (32.5 Mio €) oder Unterföhring (mehr als 40 Mio €) ist dies deutlich weniger. Grünwald mit 220 Mio € steht außerhalb jeden Vergleichs. Da die Pflichtaufgaben für Kinderkrippen, Kindergärten und Schulen ständig steigen besteht definitiv Handlungsbedarf.

3. Warum wurde jetzt eine Zielvereinbarung geschlossen?
Gewerbesteuer dient der Finanzierung der Infrastrukturmaßnahmen, die sich aus der Ansiedlung diverser Betriebe im Ort ergibt. In Oberschleißheim befinden sich extrem viele öffentliche Einrichtungen (Schlösser, Deutsches Museum, Universität, Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Helmholtz-Zentrum und die Hubschrauberstaffeln), die kaum Steuern an die Gemeinde zahlen. Daher wurde von der Gemeinde in Gesprächen mit der Staatsregierung der Wunsch geäußert, Flächen, die im Besitz des Freistaats sind, zu einem Gewerbegebiet zu entwickeln, denn die Gemeinde hat keine eigenen geeigneten Flächen.
Mit der nun geplanten vollständigen Verlagerung der tierärztlichen Fakultät signalisierte der Freistaat nun ein Entgegenkommen in dieser Frage und der Gemeinde gelang es eine Zielvereinbarung zu schließen, welche die Gemeinde zu gar nichts verpflichtet, aber Aktivitäten beim Freistaat in Gang setzt.
Wenn die Gemeinde die Flächen direkt kaufen könnte (Sie kann es aber nicht) hätte sie zwar die weiteren Planungen besser in der Hand, stände aber wegen des nur mit Krediten möglichen Investments unter einem nicht akzeptablen Druck. Daher wurde die Lösung gefunden, dass der Freistaat das Gebiet mit der Gemeinde zusammen selbst entwickelt ohne dass die Gemeinde ihre Planungshoheit aus der Hand gibt oder anderweitig in Vorleistung treten muss. Der Freistaat hat für eine solche Entwicklung auch ganz andere Möglichkeiten als die Gemeinde selbst (z.B. das Programm „Invest in Bavaria“ im bayrischen Wirtschaftsministerium). Die Wertsteigerung der Grundstücke kommt dann zwar dem Freistaat direkt zugute, aber da wir alle insgesamt den Staat darstellen, kommen diese Gewinne der Allgemeinheit zu Gute. Auch würde eine entsprechende Wertzuwachsklausel im Kaufvertrag diesen Gewinn ebenfalls abschöpfen.

4. Wie sichert man ein „hochwertiges“ Gewerbegebiet?
Ein Gewerbegebiet ist kein Synonym für Krach, Gestank und scheußliche Lagerplätze. Gewerbesteuer wird unter Anderem auch von Banken, Versicherungen, Softwarefirmen oder Kapitalgesellschaften des beratenden Gewerbes (anteilig zu Lohnsumme vor Ort) gezahlt. Die Gemeinde muss darauf achten, dass wirklich ein potenter Gewerbesteuerzahler mit vielen Arbeitsplätzen gefunden wird. Mit den bestehenden Beschlüssen ist gesichert, dass kein weiterer Einzelhandel angesiedelt werden kann. Auch Spielkasinos sind ohne einen Beschluss des Gemeinderats sowieso ausgeschlossen. Die wesentliche Regelung ist jedoch die, dass das Gebiet zwar als Gewerbegebiet vorgesehen ist, aber erst wenn ein konkreter attraktiver Investor gefunden wurde, wird ein vorhabenbezogener Bebauungsplan aufgestellt. So kann gesteuert werden, dass nicht irgendein Höchstgebot zum Zuge kommt.

5. Warum das Gebiet östlich der A92?
Die Idee entstand 2005 in der Zukunftskonferenz der Gemeinde. Daher hat die FDP 2010 eine Machbarkeitsstudie beantragt, die die prinzipielle Eignung überprüfen sollte. Ein Gewerbegebiet im nördlichen Teil des Gebietes steht nicht zur Debatte, da diese Flächen der Stadt Unterschleißheim gehören.
Die Fläche ist die einzige Fläche, die unter Beachtung der Erfordernisse des Landschaftsschutzes überhaupt geeignet ist. Alle anderen Flächen sind Landschaftsschutzgebiete. Selbst die bestehenden wertvollen Heckenstrukturen kann man in die Planung aufnehmen und erhalten. Die Fläche ist auch nicht im Verzeichnis der möglichen Bodendenkmäler erfasst. Sie ist insgesamt 70 ha groß, es geht aktuell um ca. 15 ha. Für die Ansiedlung von Swiss Life in Garching waren übrigens 2 ha ausreichend.

6. Was ist das Anbindungsgebot?
Im Landesentwicklungsprogramm (LEP) ist formuliert, dass eine Zersiedelung der Landschaft verhindert und Neubauflächen möglichst in Anbindung an geeignete Siedlungseinheiten ausgewiesen werden sollen. Inwiefern das „sollen“ ein verpflichtendes Ziel ist, bei dem es nur wenige klar definierte Ausnahmen gibt, oder für eine Abwägung im Einzelfall offen steht, ist letztendlich nicht endgültig rechtlich geklärt. Nähere Details können der Machbarkeitsstudie entnommen werden. Wir gehen aber davon aus, dass die Flächen zwischen dem Gewerbegebiet unmittelbar an der Autobahn und den jetzigen Wohnbebauungen Gegenstand eines Flächennutzungsplans sein werden. Diese sollten dann für Wohnungen und großzügige Grünflächen vorgesehen werden.

7. Wie soll die Erschließung aussehen?
Die Verlegung der Staatsstraße ist inzwischen im vordringlichen Bedarf eingestuft. Neben der dringend benötigten Entlastung des Orts vom Verkehr ist damit auch eine optimale Erschließung dieser Fläche und eventuell weiterer westlicher Ortsteile realisierbar. Der Knoten mit der B471 bedarf natürlich besonderer Überlegungen, ohne Überwerfungsbauwerk oder einen Kreisel wird man da wohl nicht auskommen. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass wesentliche Teile der Ortsumgehung vom Investor finanziert werden. Für die Busline 291 nach Dachau kann man in dem Gebiet eine oder mehrere Haltestellen z.B. so wie in Dachau in der Saubachsiedlung einrichten, oder  auch die Trasse komplett verlegen.

8. Was ist mit dem Lärmschutz?
Es ist ganz einfach, im Bebauungsplan Lärmkontingente festzuschreiben, so dass die Summe der Emissionen unter einem ziemlich niedrigen Wert bleibt. Jede Bebauung hat eine gewisse abschirmende Wirkung für die dahinterliegenden Gebäude, der eigentliche Lärmschutz ergibt sich aber aus den zusätzlichen Maßnahmen, die die Gemeinde beim dreispurigen Ausbau der A92 vorgesehen hat. Hinter dem unmittelbar an der Autobahn zu legenden Lärmschutz, würde die verlegte Staatsstraße sowie so keine merkbare Erhöhung der Emissionswerte erzeugen, mit  einer Bebauung wird der Pegel eher sinken. Die Verlegung der Staatsstraße ist aber auch eine wesentliche Maßnahme im Zuge des Lärmaktionsplans für die Feierabendstraße.

9. Was passiert, wenn das Ratsbegehren abgelehnt wird?
Es gibt eine Reihe von Mitbürgern, die sich vehement gegen das Begehren aussprechen. Dabei wird nicht immer sachlich und auf die Fakten bezogen argumentiert. Alle Bürger sind daher aufgerufen, sich mit den Fakten zu beschäftigen und danach Ihre Entscheidung zu treffen, deshalb findet das Ratsbegehren gemeinsam mit der Bundestagswahl am 22. September statt. Sollte es keine Zustimmung finden, wird die Gemeinde auf eine weitere Verfolgung des Projekts verzichten. Die LMU wird ihre Universitätsgebäude errichten. Die Gemeinde wird weiter ihre Schulden tilgen, um einen gewissen Spielraum in der Finanzierung ihrer Aufgaben zu haben. Größere Investitionen wird es aber nur geben können, wenn die jetzt im Ort ansässigen Betriebe außerplanmäßig hohe Gewinne machen.

Die Metropolregion München wird weiter wachsen. Oberschleißheim wird daran nur durch ein höheres Verkehrsaufkommen durch den Ort beteiligt sein.

Deshalb stimmen Sie bitte im Interesse des Ortes und seiner Bürger dem Ratsbegehren zu!

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